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In einer funktionalen WG teilen die Bewohner alle Räume. Zwar verzichten sie so größtenteils auf ihre Privatsphäre, profitieren aber von anderen Vorteilen.
Auch wenn es sich so anhört: Eine funktionale WG ist kein anderer Begriff für eine Zweck-WG. Ganz im Gegenteil - so nah wie bei dieser WG-Art kommen sich Mitbewohner sonst selten.
In einer klassischen WG hat jeder Mitbewohner sein eigenes Zimmer, die Bewohner teilen sich gemeinsame Räume wie Küche und Bad. In einer funktionalen WG wird der Gedanke des Teiles auf eine andere Ebene gehoben. Denn funktionales Wohnen bedeutet, dass keiner der Bewohner ein eigenes Zimmer hat. Stattdessen werden alle Zimmer geteilt. In einer "FuWo"-WG ("FuWo": kurz für "Funktionales Wohnen") ordnen die Wohnenden den Zimmern Funktionen zu, sodass alle Räume jedem Bewohner zur Verfügung stehen. Es gibt also für alle ein gemeinsames Schlaf-, Wohn-, Ess-, Arbeits- oder auch Ankleidezimmer. Die Zimmer können ihre Funktionen gegebenenfalls ändern. So wird bei Bedarf zum Beispiel aus dem Arbeits- ein Musikzimmer. Durch die Zuordnung einer Funktion zu einem Zimmer nutzen alle Bewohner wirklich jedes Zimmer der Wohnung - und nicht nur Küche, Bad und Wohnzimmer wie in einer konventionellen WG. So gewinnen die Bewohner Raum.
Wo die Grenzen des Teilens liegen, entscheidet jede funktionale WG für sich. Während sich manche Wohngemeinschaften beim funktionalen Wohnen wirklich alles Teilen – von Lebensmitteln über Kleidung bis hin zu persönlichen Gegenständen wie Handys -, beschränken sich andere WGs "nur" auf das Teilen der Zimmer. Klare Regeln und ein ständiger Austausch sind die wichtigsten Grundlage für ein harmonisches Zusammenleben auf engem Raum. Fast alle funktionalen WGs besprechen daher in Meetings regelmäßig Konfliktpotential, diskutieren die WG-Strukturen und passen diese gegebenenfalls an. Ohne eine offene und respektvolle Kommunikation kann eine funktionale WG nicht lange bestehen.
Wer in eine funktionale WG zieht, profitiert vor allem von zwei Vorteilen. Der erste Vorteil ist eine im Vergleich zu anderen WGs geringere Miete. Während der Miete in einer konventionellen Wohngemeinschaft die Quadratmeterzahl des bewohnten Zimmers zugrunde liegt, wird in einer funktionalen WG die Gesamtmiete auf alle Bewohner gleich verteilt. Häufig wohnen auch mehr Personen in der WG als es Zimmer gibt. Dass zum Beispiel in einer Fünf-Zimmer-Wohnung acht Personen leben, ist in einer funktionalen WG nicht ungewöhnlich. Daher fällt der Mietpreis noch günstiger aus. Je mehr Mitbewohner, desto weniger Miete - so lautet die Faustregel.
Der zweite Vorteil ist der oft sehr enge, familienähnlichen Zusammenhalt. Dieser ergibt sich automatisch aus dem räumlich Zusammenleben und ähnelt dem Ursprung funktionaler WGs. Die Grundidee des funktionalen Wohnens stammt aus der 68er-Friedensbewegung und dem Leben in Kommunen. Beim funktionalen Wohnen ist es den Bewohnern wichtig, familiäre Strukturen und vor allem das Gemeinschaftsgefühl zu erleben. Körperliche Nähe, Teilen oder auch offene Gespräche über Gefühle kennt man zum größten Teil von der Familie oder einer Partnerschaft. Bei Wohnform der funktionalen WG leben die Bewohner mit diesen Vorzügen, fernab von der Familie.
Klar ist: Viel Privatsphäre haben Bewohner in einer funktionalen WG nicht. Doch auch wenn Privatsphäre und funktionale WG sich auf den ersten Blick auszuschließen scheinen, gibt es in fast jeder funktionalen WG ein Zimmer zum Alleinsein. Ein solcher Rückzugsort ist wichtig, da die Kombination aus engem Raum und ständiger Gemeinsamkeit die Bewohner an ihre Grenzen bringen kann. Wenn alle Bewohner gleichzeitig ihre Ruhe haben möchten, gibt es allerdings ein Problem. Dann ist der Weg nach draußen, zum Partner oder Freunden die einzige Alternative. Das Rückzugszimmer ist allerdings keine Dauerlösung, etwa, um alleine zu schlafen. Wer zwar Geld sparen möchte, aber Wert auf Privatsphäre legt, sollte den Einzug in eine funktionale WG nochmals überdenken. Wer aber Lust auf Trubel, Teilen, Gemeinschaft und Geborgenheit hat, ist beim FuWo gut aufgehoben.
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